Samstag, 26. April 2014

Vor Ort in der Großen Allee und der Armgartstraße

Von 1910 bis 1912 wohnte Richard Pfaffe in der Großen Allee 8, in der heutigen Adenaueralle.
Es war nicht unbedingt damit zu rechnen, das dieses Gebäude aus der Gründerzeit noch existiert. Aber doch, es steht noch da und macht äusserlich keinen so schlechten Eindruck.

Große Allee 8 (Adenauerallee)
Wie man an dem Ausschnitt aus dem Telefonbuch von 1910 sehen kann, wohnte Richard Pfaffe im ersten Stock des Hauses. Vielleicht hatte er ja seine Wohnung zur Straße hinaus, dann hätte er auf der anderen Seite der Straße die 1888 von Martin Haller erbaute Turnhalle mit dem großen Sportfeld der Hamburger Turnerschaft von 1816 gesehen.
War er vielleicht sogar ein gern gesehener Gast in dem wenige Meter entfernten Lokal von Emil Moss?
Trank er in dem Fachwerkbau an der Ecke zum Kreuzweg eventuell sein Kieler Schloßbräu, wenn er nach einem langen Arbeitstag heimkam? Jedenfalls hatte er es nicht sehr weit bis zum Kontorhaus in der Ferdinandstraße. Es lag ja fußläufig gut erreichbar auf der anderen Seite des Hauptbahnhofes.

Bewohner der Großen Allee 8

Ab 1913 zog es Richard Pfaffe dann in den ersten Stock der Armgartstraße 14 in Hamburg-Hohenfelde.

Armgartstraße 14
Bis zum Schwanenwik und der Alsterlust war es nicht weit, und auf der anderen Seite des Kumühlenteiches lag die Kirche von St. Gertrud.
Jener Kirche, dessen Pastor Heintze er im Sommer 1911 einlud, mit einer Kindergruppe die Luftschiffhalle zu besichtigen.


Bewohner der Armgartstraße 14




Freitag, 18. April 2014

Wer war Richard Pfaffe?






Heinrich Benjamin Richard Pfaffe

1. November 1869 (Halle/Saale) – 17. Februar 1927 (Hamburg)

Richard Pfaffe wird am 1. November 1869 in Halle a.d. Saale als Sohn des Pfarres Wilhelm Otto Pfaffe und dessen Frau Hedwig Henriette geboren. Richard besuchte in Halle die Lateinische Schule und das Realgymnasium der Franckeschen Stiftung, und gab seinen Berufswunsch als Kaufmann an. 

Zusammen mit seinem Bruder Heinrich Otto Pfaffe gründete er am Bahnhofsplatz 1 im Jahre 1893 in Hamburg die Firma Gebrüder Pfaffe, die sich zu Beginn mit dem Im- und Exporthandel von Dünge- und Futtermitteln beschäftigte. In den folgenden Jahren konnte die Firma ihr Portfolio beträchtlich ausbauen, was unter anderem diese Aufzählung zeigt. Export von Maschinen und Nahrungsmittel, Landbaumotore nach Süd- und Mittelamerika und allen Weststaaten. Eisenwaren nach Argentinien, Import von Futtermittel und landwirtschaftliche Maschinen, chem. Artikel und Salpeter von Asien, Amerika, Afrika und Norwegen. 
Dass solche Handelsbeziehungen auch ein persönliches Engagement z.B. in Form von Schiffsreisen 
zu den Handelspartnern beinhaltet, zeigt sich z.B. auch in einem Eintrag in einer Passagierliste vom 
6. September 1903 nach Buenos Aires mit dem Hapag Dampfschiff Cap Verde. Natürlich fuhr Richard Pfaffe 1. Klasse.

Um 1898 wohnte Richard Pfaffe in der Henriettenallee 8, Borgfelde. In demselben Haus wohnte ab 1901 auch der Herbologe und Lehrer Otto Jaap. Ab 1900 findet Richard dann in der Großen Allee 10 (Adenauerallee) in St. Georg, direkt neben dem Restaurant von Emil Moss an der Ecke Kreuzweg seine Bleibe. Von 1910 bis 1912 zieht er ein Gebäude weiter in die Große Allee 8.
1913 zieht Richard dann in die Armgart-Burg in der Armgartstraße 14 in Hohenfelde. 

Hatten die Brüder die Firma seit Beginn an gemeinsam geführt, setzte um 1897 / 98 eine Veränderung ein. Richard wird nicht mehr als weiterer Inhaber der Gebrüder Pfaffe geführt und steht nun mit einer eigenen Firma unter seinem Namen im Telefonbuch und hat einen eigenen Börsensitz. 
Richard hat nun seine Geschäftsräume in der Alten Gröningerstraße 14, während Heinrich Otto Pfaffe in der Bahnhofsstraße bleibt, und um 1900 den Firmensitz der Gebrüder Pfaffe an den Hühnerposten 16 verlegt. Richard zieht es 1902 für zwei Jahre in die am Fleet gelegenen Häuser von Grimm 32. In diese Zeit fällt auch eine Eingabe an den Hamburger Senat, in dem es um die Erwirkung eines Zollerlass von Futterkräuterkuchen ging (1903).

Am 19. April 1902 stirbt Heinrich Otto Pfaffe im Alter von 42 Jahren (geb. am 3.11.1860 in Mücheln). Die Firmen Richard Pfaffe und Gebrüder Pfaffe vereinen sich um 1904 in der Kleinen Bäckerstraße 23. Gebrüder Pfaffe erhält mit Gustav Niebuhr einen neuen Inhaber, obwohl auch Heinrich Otto noch als Inhaber in den Papieren geführt wird. Ab 1906 dann, nach dem Umzug in die endgültigen Geschäftsräume in der Ferdinandstraße 20, steht auch endlich wieder Richard Pfaffe als offizieller Inhaber zusammen mit Anton A. F. Mohr aus Wandsbek der Firma Gebrüder Pfaffe vor.
Man kann nur Vermuten was der Grund für die Trennung der Brüder gewesen ist. Unterschiedliche Auffassungen über den zukünftigen Weg der Firma ist sicher auch heutzutage ein nicht unerheblicher Trennungsgrund für Firmenteilhaber.

Ab 1908 konnte die Firma die Generalvertriebsrechte für den weltweiten Vertrieb eines neuartigen in Norwegen entwickelten synthetischen Kunstdünger, dem so genannten Norge-Salpeter, für sich beanspruchen. Hauptsächlich durch den Handel mit Argentinien brachte es Richard Pfaffe dadurch zum Millionär.
Nachdem der von dem ungarischen Erfinder Karl Köszegi entwickelte Landbaumotor am 25. Februar 1908 sein Patent auf die Erfindung erhielt, konnte sich die Firma Gebrüder Pfaffe ab 1909 die Weltvertriebsrechte für diese neuartige Landmaschine sichern, und von der Berliner Motorenfabrik Heinrich Kämper unter Lizenz bauen lassen. In einem Bericht des wirtschaftlichen Ausschusses der deutschen Kolonialgesellschaft, abgedruckt in deren Zeitschrift für tropische Landwirtschaft Der Tropenpflanzer, wird über die Vorführung durch die Firma Gebr. Pfaffe des Landbaumotors referiert. Die Vertriebsrechte für den Landbaumotor hatte die Firma allerdings nur bis 1912 inne, da schon 1911 die Firma Heinrich Lanz in Mannheim die Rechte an dem ungarischen System erwarb und ab Ende 1911 technisch überarbeiten ließ, und schon im nächsten Jahr mit der Produktion unter dem neuen Namen Landbaumotor Lanz begann. Die Motoren lieferte jedoch weiterhin die Berliner Motorenfabrik Kämper. 
Doch auch im Bereich der Förderung von wissenschaftlichen Versuchen finden die Gebrüder Pfaffe Erwähnung. So stellte die Firma der „Königlichen Lehranstalt für Obst- und Gartenbau“ in Proskau Proben seines Norge-Salpeters zur Verfügung.

Im Jahr 1911 steht Richard Pfaffe einem kapitalstarken Konsortium als Direktor der Hansa-Luftverkehrsgesellschaft vor. Diesem Konsortium, hinter dem mehrere ansässige Hamburger Kaufmänner standen, ging es sicher nicht in erster Linie um die Förderung der Luftschiffahrt in Hamburg. Zwar erhoffte sich Richard Pfaffe im Namen des Hansa-Luftverkehr ein Protektorat, eine finanzielle Rückabsicherung, von dem Hamburger Senat und dem Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, jedoch die Ablehnung dieser Anfrage könnte auch damit zusammenhängen, dass man ein gewinnorientiertes Unternehmen dahinter vermutete. Ob die Aeronautische Veranstaltung im Sommer 1911 nun aus wirtschaftlichen oder ideellen Gesichtspunkten stattfand, kann heute niemand mit Bestimmtheit sagen. Wahrscheinlich war es beides. Auch über die weiteren finanzkräftigen Personen im Hintergrund des Konsortiums existieren leider keine Angaben.
Der Bau der Luftschiffhalle an der Fuhlsbütteler Straße in Hamburg-Ohlsdorf und die Charterung des Parseval Luftschiffes gehen jedoch auf das Wirken von Richard Pfaffe zurück, und hatte auf jeden Fall erheblichen Anteil daran, die Begeisterung der Bevölkerung für die Luftfahrt zu wecken. 

In einem Artikel des „Hamburger Correspondent“ vom 1. November 1919 zum 25-jährigen Geschäftsjubiläum des Inhabers der Firma Gebr. Pfaffe heißt es sogar, dass „auch die deutsche Luftfahrt seinen Pionierdiensten einen Teil ihrer schnellen Entwicklung verdankt.“ Die Firma selbst, so steht dort, „erfreut sich im Weltmarkte des Ein- und Ausfuhrhandels des besten Rufs.“ Und weiter: „Der Jubilar hat im Laufe der Jahre auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Maschinen-, Düngemittel-, Futtermittel- und Nahrungsmittelindustrie hervorragende Neuheiten zur Vollendung und in den Konsum gebracht.“
Ab 1913 wird Fabrikation und Handel von Wachsen und Ceresinen (einem wachsartigem Harzprodukt) zu den Geschäftsfeldern der Firma gezählt. Richard wird nun als alleiniger Inhaber der Firma Gebrüder Pfaffe geführt. Ab 1918 und 1921 kommen eine Nährmittelfabrik in Wevelinghoven und Hannover hinzu. Desweiteren Rhenania-Phosphat, Technische Chemikalien, Kalziumcarbid und Montanwachse.

Es ist davon auszugehen, dass Richard Pfaffe verheiratet war, denn zusammen mit einer Theodore Sophie Olga Pfaffe, geb. Poll (1873 – 18. Dezember 1943) fuhr Richard laut Passagierlisten am 9. Februar 1914 mit dem Dampfschiff „Prinzessin“ mit der Deutschen Ostafrikalinie von Hamburg über Bourlogne sur Mer nach Teneriffa.
Am 17. Februar 1927 stirbt Heinrich Benjamin Richard Pfaffe. In der Armgartstraße 14 in Hohenfelde, seiner letzte Adresse, bleibt Richards Frau Olga bis 1930 als Witwe zurück. In den Jahren 1931 und 1932 findet sich dann kein Eintrag mehr in den damaligen Telefonbüchern. Erst 1933 taucht Olga Pfaffe kurzfristig als in der Krochmannstraße 50 wohnhaft wieder auf, ab 1934 bis 1943 wohnte sie dann in dem 1923 von Carl Ellinger erbauten Gebäude des Ensembles „Kanalisierte Alster“ in der Adolf-Hitler-Straße 11, heute Bebelallee.